„Ein Job mit Sinn“ bei den 48ern

„Mehr Verständnis und Verantwortung“

Die Männer in Orange gehören zum Wiener Stadtbild – fast wie der Stephansdom oder das Riesenrad. Wir gehen mit Müllaufleger Daniel Slunecko auf Tour. Entspannt, gut gelaunt und unverzichtbar – wenn es um das Miteinander in der Stadt geht. Das sind die 48er, die unsere Straßen sauber halten. Diesem Bild entsprechend, warten die fünf Müllaufleger auf den MEIN-WIEN-Besuch in der Hütteldorfer Straße vor dem Café Holzi. Ihrem Stammlokal für eine kurze Pause jeden Mittwoch, wie uns 48er Daniel Slunecko erklärt. Hier trinken sie ihren Kaffee, wenn sie ihre Tour abgehen, die in Ottakring liegt und recht weitläufig an Rudolfsheim-Fünfhaus und Hietzing grenzt. Zwischen den Kollegen ist das gute Einverständnis deutlich spürbar, da geht’s mit Schmäh hin und her. „Es gibt Wochen, da seh’ ich diese vier Typen jeden Tag“, scherzt Slunecko. „Aber das macht es halt auch aus. Sind ja schließlich auch meine Freunde.“

„Ein Job mit Sinn“

Slunecko ist seit zehn Jahren bei den 48ern. Die Freundschaft unter den Kolleg*innen spielt eine große Rolle für ihn. Und sonst? „Das Arbeiten an der frischen Luft und vor allem: dass wichtig ist, was ich tue. Es ist ein Job mit Sinn für die Gemeinschaft“, sagt er, „das muss einem etwas bedeuten.“ Dabei machen es ihnen die Wiener*innen nicht immer ganz leicht – was etwa die Mülltrennung angeht, ist definitiv noch Luft nach oben. Einmal lag da ein ganzes Klo in der Mülltonne, erzählt Slunecko und lacht, bevor er hinzufügt: „Es gibt nichts, was es nicht in einem Mistkübel gibt.“ Ein anderes Mal sogar einer dieser E-Roller, die so gern auch auf den Gehsteigen stehen.

Die 48er feierte in diesem Jahr ihren 77. Geburtstag. Gegründet wurde sie im
März 1946, als die Abteilung Tausende Tonnen an Kriegsschutt und Müll von den Straßen Wiens wegräumen musste. Das strahlende und auffällige Orange war nicht immer da. Vor 50 Jahren kam die Sicherheitsfarbe, um zu bleiben.

Verantwortung

„Gewöhnungsbedürftig“ sei das Orange gewesen, erzählt Slunecko, „aber mittlerweile ist es ein Teil von mir.“ Genauso wie der Job als Müllaufleger mit sich bringe, dass er heute eine andere Sicht auf das Leben habe – und zwar, wenn es um die Verantwortung für das ­– Miteinander geht. „Ich finde, wir sollten alle mehr Verantwortung übernehmen, für das, was wir kaufen und wie wir es entsorgen. Wir finden manchmal Sachen, die kaum einen Fehler haben, manchmal noch völlig intakt sind und wie neu, warum bringt man die nicht auf den Flohmarkt oder zur 48er-Tandler-Box?“, fragt sich Daniel Slunecko. Das wäre dann auch einer seiner vier Wünsche an die Bevölkerung. Beim zweiten geht’s darum, Verständnis aufzubringen. „Weil wir machen das ja nicht, weil es uns ausschließlich Spaß macht, sondern um unser aller Mist zu entsorgen“, appelliert er an die Autofahrer*innen, die während der Rushhour schon mal die Geduld hinter dem Stop-and-go eines Müllautos verlieren. Der dritte Wunsch betrifft das Mülltrennen: Wenn nur Altpapier, Glas und Plastik getrennt würden, würde das der Umwelt schon helfen. Sein letzter Wunsch? „Mehr Achtsamkeit, speziell was Lebensmittel angeht“, sagt er. „Da werden verschlossene Eisteeflaschen weggeworfen, einen Tag lang abgelaufene Lebensmittel und Ähnliches“, berichtet er. Dabei stelle die Stadt gute Entsorgungsangebote zur Verfügung – die Leute müssten sie nur mehr nutzen.

„Super Arbeit, Danke!“

Die Kaffeepause ist vorbei, die 48er setzen ihre Tour fort. Die Mülltonnen haben sie bereits auf die Straßen geschoben, jetzt werden sie ans Müllauto gehoben. Bei der Bedienung des Kippers entsteht das klassische klappernde Geräusch, das viele in der Früh als Erstes hören. Im Inneren des Lasters presst ein Verdichter den Müll zusammen, um Platz auf der Ladefläche zu sparen. 100.000 Müllbehälter werden so pro Tag in Wien geleert. Für die Müllaufleger von der 48er beginnt der Arbeitstag um 6 Uhr morgens, Dienstende ist um 14 Uhr. „Es ist eine schwere Arbeit“, sagt Slunecko – und tatsächlich wird leicht vergessen, dass die Tonnen bis zu 70 Kilogramm schwer sein können, dass sie über Stufen aus Hinterhöfen hervorgeschoben werden müssen und anschließend wieder retour. Das ist auch etwas, das die 48er schaffen: Die Knochenarbeit wirkt fast entspannt und entschleunigt. Und dann wieder machen es ihnen die Menschen der Stadt ganz leicht. „Wenn sie etwa auf der Tour herkommen und uns sagen: ,Super Arbeit, danke, macht weiter so‘“, erzählt Slunecko. Oder natürlich, wenn Kinder vorbeikommen. Für Kinder sind die 48er das Größte, die wollen gar nicht weitergehen, sagt der Müllaufleger.

Seit sieben Jahren fährt er die Tour im 16. Bezirk, im Sommer lieber als im Winter. „Bei Regen mit Wind möchte ich den ganzen Tag fluchen.“ Dann grinst er und sagt: „Was soll’s?! Man nimmt es halt, wie’s kommt.“ Damit endet das Gespräch und Slunecko eilt seinen Freunden und Kollegen nach. Ein bisschen mehr dieser eleganten Gelassenheit wäre durchaus wünschenswert – für ein besseres Miteinander in der Stadt.

Podcast-Folge zu den 48ern


Auch in der Podcast-Folge „Saskia arbeitet mit... Daniel von den 48ern“ dreht sich alles um Daniels Arbeitsalltag. Hören kann man die Podcast-Folge über gängige Audio-Plattformen, oder auch über den Browser. Jetzt reinhören! Wenn euch die Folge gefallen hat, freuen wir uns, wenn du unseren Podcast bewertest und abonnierst.

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Müllaufleger Daniel bei der Arbeit.